Freitag, 28. August 2009

Umsetzung 1

23.09 – 00.12 Uhr, NWB 39640, Bielefeld – Osnabrück – oder: Begleiterscheinungen einer Planabweichung

„Das soll nun nicht bedeuten, dass ich Fehler oder Mängel begrüße, aber da sie nun mal unvermeidlich sind, kommt es – finde ich – immer darauf an, was man aus ihnen macht und wie man mit ihnen umgeht.“

(Steffen Kopetzky, „Marokko“)


Ok, also: Es geht los. Nicht, wie vorgesehen, ab Bremen, sondern ab Bielefeld. Vollkommen unstandesgemäß zunächst mit einem Nahverkehrstriebwagen der Westfalen-Bahn und darin in Gesellschaft von offenbar alkoholisierten, daher grundsätzlich nicht unsympathischen, aber dennoch eine gewisse Substanz vermissen lassenden Herren. Deren derangierter Jargon allerdings vortrefflich zu den lautstark über die Großraumabteile kommunizierten Themen passt: Die – sic! – unfickbarkeit gewisser, mir glücklicherweise unbekannter Damen; und die Derbheit des Ausdrucks findet kongenial Ergänzung in der nun auch nicht unbedingt vornehm zu nennenden äußeren Erscheinung der Herren. Schumacher, notieren Sie: Nahverkehrstriebwagen fortan meiden! Aber es ist ja auch nur die Vorstufe zu dem eigentlichen Unterfangen, aus Kostengründen mit dem Semsterticket zurückgelegt. Ab Osnabrück, auf dem Weg dahin befinde ich mich nämlich im Moment, werde ich ausschließlich in Fernverkehrszügen reisen –das dürfte Unannehmlichkeiten dieser Art vermeiden.
Schon eher zum Sentiment dieser Reise passt der offenbar in einer Beziehungskrise steckende Türke, der verzweifelt um Zärtlichkeit bemüht versucht, seiner Freundin Treue zu bekunden. In Ermangelung ihrer Gegenwart durch sein Mobiltelefon. Niemals habe er sie betrogen, er liebe sie doch, warum sie das nicht einsehen wolle? In Hiddenhausen-Schwerte steht er auf und steigt aus, vielleicht um ihr den Wahrheitsgehalt seiner Worte vorzuleben. Vielleicht, um sie Lügen zu strafen. Es ist dies das Reizvolle an Reisen mit der Eisenbahn. Man begegnet vielen Menschen, hat für einen kleinen Augenblick Teil an ihrem Leben und weiß doch nie, wie es weitergehen wird, das Leben. Weder das der Menschen, die man beobachtet, noch das eigene, von dem eine wirkliche Ahnung zu haben sich nun auch nicht behaupten ließe.
Beispielsweise weiß ich grade nicht, ob ich den Besuch in einer Dönerbude am Bielefelder Hauptbahnhof in erfreulicher Gesellschaft des Kommilitonen J. mit einhergehender Bierverköstigung (Wickühler) schon mitzählen darf. Abgangsbahnhof einerseits, nicht Bremen andererseits. Aber keine richtige Kneipe, sondern eben eine Dönerbude. Keine Spielautomaten, keine Jukebox, keine gestrandeten Existenzen. Aber alle angemessen erscheinenden Lokalitäten hatten bereits geschlossen, und das um kurz nach zehn. Nach einer knappen Schilderung des gegenwärtigen Planes (15 Bahnhofskneipen in 24 Stunden, mindestens bis München kommen, Ruhrgebiet zählt nicht, da zu viele Kneipen auf zu enger Fläche) stellen wir fest, beide unbedingt nach dem Studium eine Interrail-Tour nach Marokko unternehmen zu wollen. Warum dies also nicht gemeinsam tun? Möglicherweise findet dieser Blog im Jahr 2011 also eine Fortsetzung über Bahnhofskneipen in Tanger und Marrakesch. Begleiterscheinung einer Planabweichung - wäre ich ab Bremen gefahren, hätten wir dieses gemeinsame Ziel nicht ausgemacht. Marokko also. Aber zunächst: Osnabrück!

1 Kommentar:

  1. alter, wenn du schreibst, biste ja noch viel schlimmer. das muss ich mir mal in aller ruhe durchlesen hier ^^

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